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Gossip: Real Power

Das Album der Woche

26.03.2024

Zurückkommen ist schwierig, aber Gossip lassen es leicht aussehen.

Nachschub fürs Selbstvertrauen

Angeblich gibt es ja Gründe dafür, warum man zum Beispiel immer wieder die gleiche Serie rauf und runterschaut bis man sie auswendig kann: Es gibt beim Schauen einfach ein Gefühl von eigentlich unrealistischer Kontrolle zurück, dass man vor allem in normalisierten Chaos-Zeiten wie gerade, wahnsinnig gut gebrauchen kann. In der Musik geht das sogar noch ein gutes Stück schneller: Da kann man ein Album zum allerersten Mal hören und trotzdem mit einem riesigen Selbstvertrauensschub daraus hervorgehen. Genau so ein Album ist Real Power.  

Denn obwohl Gossip eigentlich nach eigener Aussage der Kontrolle immer im Weg gestanden sind, holen sie sich ebendiese auf Real Power zurück.

Zeitreise in die richtige Richtung

Nur kurz zur Einordnung: Als A Joyful Noise, das letzte Gossip Album rauskam, war Barack Obama gerade damit beschäftigt, seinen Platz im Weißen Haus zu verteidigen. Gossip Girl war kurz davor auf die Zielgerade einzubiegen und achso ja, die Welt ging dann letztendlich überraschenderweise doch nicht unter.

Du merkst schon – andere Zeiten.

Eigentlich waren Gossip in der Zwischenzeit ja auch schon zu den Akten gelegt: Streng genommen hat sich die Band sogar zweimal aufgelöst. Aber als Beth Ditto dann anfing, an ihrem zweiten Soloalbum zu schreiben, klang das plötzlich schon sehr nach der alten Band. Starproduzent Rick Rubin, der damals übrigens auch Durchbruchalbum Music For Men verantwortlich war, gab dann den entscheidenden Schubser und plötzlich stand wieder die ganze Band im Studio und es durfte wieder wahnsinnig werden.

Riesengroße Genreverrenkungen braucht hier also keiner befürchten: Gossip konzentrieren sich auf die Stärken, die sie eh schon mal demonstriert haben. "Act of God" und "Give It Up For Love" stampfen namensgerecht wie The Supremes-Klassiker durch die Lautsprecher und gibt Beth Ditto mehr als genug Gelegenheit mit ihrer Stimmgewalt anzugeben. Dann gibt es natürlich noch den Titeltrack "Real Power", der mehr als genug Macht ausstrahlt, um wahrscheinlich sogar fast schon Imperator Palpatine in den Schatten zu stellen. In solchen Momenten ist der Dance Punk, mit dem sich Gossip vor 15 Jahren in den Mainstream katapultiert haben, scheinbar um keine Sekunde gealtert. Der Sound vom Trio ist immer noch zeitgemäß wie nur irgendwie geht, was vor allem bei der langen Pause ganz schön beeindruckend ist.

Real Power ist also viel mehr also nur eine kleine Wiederaufwärmung – hier wird sich nur nochmal im wohlverdienten Erfolg gesonnt.

Aber nur weil Gossip den alten Sound wieder aufleben lassen, heißt das natürlich nicht, dass hier die Uhr angehalten wurde.

Real Power ist nämlich dann doch ziemlich eindeutig von den Ereignissen der letzten Jahre geprägt: Der Titeltrack ist gleichzeitig eine Liebeserklärung an Beth Dittos Heimat Portland – wie die Stadt während der Pandemie zu den Black Lives Matter-Protesten zusammengekommen ist, um sich in unmöglichen Umständen die Kontrolle zurückzuholen, war eine gigantische Inspiration für die Sängerin. Aber auch private Erlebnisse finden immer wieder Platz auf dem Album, denn neben Dittos Ehe ging auch Hannah Blilies Beziehung in die Brüche. Real Power ist aber kein klagendes Album, sondern eines, dass den Schmerz in positive Energien umwandeln will und das Überleben feiert.

Eine ordentliche Portion Gossip gibt genug Selbstvertrauen mit auf den Weg, um eigentlich alles hinzubekommen – wenn das keine Real Power ist, wissen wir auch nicht weiter.

Tracklist: Gossip - Real Power

  1. Act Of God

  2. Real Power

  3. Don't Be Afraid

  4. Crazy Again

  5. Edge Of The Sun

  6. Give It Up For Love

  7. Turn The Card Slowly

  8. Tell Me Something

  9. Light It Up

  10. Tough

  11. Peace and Quiet

Real Power wurde am 12. März 2024 via Columbia veröffentlicht.